DIE GESCHICHTE des SCHEINRIESEN

Die Geschichte des Scheinriesen Herr Tur Tur, erzählt davon was Angst oft ist, eine Illusion! Angst ist grundsätzlich etwas Gutes, denn hätten wir keine Angst würden wir von Hochhäusern springen, oder andere Dinge tun die sehr gefährlich sind. Angst ist aber auch, wenn ich Dinge nicht tue weil eine Ilusion in meinem Kopf darüber ist was Schlimmes passieren könnte.

In der Geschichte geht es darum diese Angst zu überwinden. Denn wenn man einen Schritt auf die Angst zu geht, merkt man, das man sich im Kopf Dinge zusammenreimt, die gar nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben. Je mehr man sich traut der Angst entgegen zu gehen, umso kleiner wird sie. Vieleicht stellt man dann sogar fest, das die Angst so wie in der Geschichte von Jim Knopf und Lukas, nur ein einsamer alter Mann ist.

Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer haben sich auf eine lange Reise begeben und kommen dabei in eine Wüste. Dort erleben sie ein aufregendes Abenteuer:

Jim wollte etwas sagen, als er zufällig nach hinten hinausblickte, doch ihm blieb das Wort im Halse stecken. „Da!“, konnte er nur noch flüstern. Lukas drehte sich um. Was er nun sah übertraf einfach alles, was ihm jemals vor Augen gekommen war. Am Horizont stand ein Riese von so ungeheurer Größe, dass selbst die himmelhohen Berge neben ihm wie kleine Hügel aussahen. „Oh!“, stieß Jim hervor. „Das ist keine Fata…, Fata…,…! Schnell weg, Lukas! Vielleicht hat er uns noch nicht gesehen!“ „Immer mit der Ruhe!“, erwiderte Lukas. Dabei beobachtete er den Riesen scharf. „Ich finde“, stellte er fest, „außer seiner Größe sieht der Riese ganz nett aus.“ „W…, w…, was?!“, stotterte Jim entsetzt. „Nun ja“, meinte Lukas, „nur weil er groß ist, muss er doch kein Ungeheuer zu sein, oder?“ Jetzt streckte der Riese sehnsüchtig die Hand aus. Hoffnungslos ließ er sie wieder sinken und ein tiefer Seufzer schien seine Brust zu heben. Plötzlich hob der Riese beide Hände, faltete sie, fiel auf die Knie und rief mit einem ganz dünnen, armseligen Stimmchen: „Bitte, bitte, ihr Fremden, lauft nicht weg! Ich tue euch nichts!“

Mit Entsetzen beobachtete Jim, dass Lukas höflich die Mütze zog und mit seinem Taschentuch winkte. Jetzt würde gleich das Unheil über sie hereinbrechen! Der Riese erhob sich langsam. Er schien unschlüssig und verwirrt. Er fragte: „Heißt das, ich darf nähertreten?“ „Jawohl!!“, schrie Lukas und ging dem Riesen winkend und fest entschlossen entgegen. Jim verschwamm vor Entsetzen alles vor Augen. Hatte Lukas einen Sonnenstich bekommen? Auf jeden Fall konnte Jim seinen Freund Lukas nicht allein in solch eine Gefahr hineinlaufen lassen. Deswegen rannte er hinter Lukas her, obwohl ihm dabei die Knie zitterten. „Na, siehst du!“, sagte Lukas und schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter. „Das ist schon viel besser. Man muss seine Ängste überwinden. Wenn man Angst hat, sieht meistens alles viel schlimmer aus, als es in Wirklichkeit ist!“.

Als der Riese sah, wie der Mann und der kleine Junge winkend auf ihn zukamen, hellte sich sein unglückliches Gesicht auf. „Also, Freunde!“. rief er mit seiner dünnen Stimme, „dann komme ich jetzt!“ Er setzte sich in Bewegung und schritt auf Lukas und Jim zu. Was nun geschah, war sehr erstaunlich. Der Riese kam Schritt für Schritt näher und bei jedem Schritt wurde er ein bisschen kleiner. Als er nur noch etwa hundert Meter entfernt war, schien er nicht mehr viel größer zu sein als ein hoher Kirchturm. Nach weiteren fünfzig Metern hatte er nur noch die Höhe eines Hauses und als er schließlich bei den beiden Freunden ankam, war er genauso groß wie Lukas, der Lokomotivführer – er war sogar einen Kopf kleiner! „Guten Tag, ich heiße Herr Tur Tur und bin ein Scheinriese. Je weiter ich entfernt bin, desto größer sehe ich aus. Und je näher ich komme, desto mehr erkennt man meine wirkliche Gestalt.“ „Sie meinen“, fragte Lukas, „Sie werden gar nicht wirklich kleiner, wenn Sie näherkommen? Sie sind auch nicht wirklich so riesengroß, wenn Sie weiter entfernt sind, sondern es sieht nur so aus?“ „Sehr richtig.“, sagte Herr Tur Tur, „Daher bin ich nur ein Scheinriese.“ „Siehst Du, Jim“, sagte Lukas, „genauso habe ich das mit der Angst gemeint.“

Quelle: Michael Ende: Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer, www.360-kompetenz.de

Alles Liebe

Sonja