„Niemand entkommt der Verwundung. Wir sind alle verwundete Menschen, ob körperlich,

emotional, mental oder spirituell.

Die Frage ist nicht, wie können wir unsere Wunden verbergen, damit wir uns nicht

blamieren müssen, sondern wie können wir unser Verwundet sein in den Dienst anderer stellen?

„Wenn unsere Wunden aufhören eine Quelle der Scham zu sein und eine Quelle der Heilung

werden, sind wir verwundete Heiler geworden.“

Henri Nouwen

Im Lauf unseres Lebens passieren immer wieder Dinge, die uns verletzen. Manches scheint klein und nicht der Rede wert und manch andere Dinge liegen schwer auf der Seele eines Menschen. Manchmal bewusst, manchmal auch unbewusst.

Wie oft hören wir den Satz: „Das ist doch nicht so schlimm!“ im Lauf unseres Lebens, von anderen Menschen. Manchmal unbedacht, manchmal sogar, um uns zu trösten. Doch, was als Schlimm empfunden wird, ist für jeden individuell. Ich glaube viele Wunden, die wir mit uns herumtragen, entstehen aus diesem Satz. Weil der Schmerz, egal welcher Art, von anderen Menschen als belanglos gesehen wird. So entsteht dann ein Teufelskreis. Man schämt sich, weil man sich mit seinen Gefühlen falsch und nicht verstanden fühlt. Der Schmerz wird weggedrückt und man versucht, ihn zu verbergen.

So liegt er dann im Keller unserer Seele und wird vielleicht auch vergessen. Doch eines Tages bei einer vielleicht völlig unpassenden Gelegenheit bricht die Wunde wieder auf. Wir wundern uns, warum wir gerade jetzt so aus dem Häuschen sind. Meist verstehen wir in dem Moment auch nicht, das dieser Ausbruch, gar nichts mit der aktuellen Situation zu tun hat. Sondern, etwas in uns berührt wurde, das in unserem Seelenkeller seinen Ursprung hat.

Jeder von uns hat solche Wunden in seinem „Seelenkeller“, die von außen nicht sichtbar sind, im Inneren aber große Schmerzen verursachen können. Die Wunden, die im Laufe eines Lebens auf der Seele eines Menschen liegen können, sind so vielfältig wie wir Menschen sind. Im Lauf meiner Ausbildung habe ich gelernt, mich meinen Wunden zuzuwenden. Oft ist mir der Gedanke gekommen, ob ich Menschen überhaupt begleiten kann, mit den „Wunden“ die ich habe?

Die Antwort die ich heute darauf habe, ist ganz klar JA.

Erst indem ich mir auf meinem Lebensweg diese „Wunden“ zugezogen habe, bin ich in der Lage zu verstehen, was es heißt verwundet zu sein. Was ich aber auch erfahren habe, ist, dass Wunden heilen können, wenn ich mir erlaube mich diesen wunden Stellen zuzuwenden.

Es braucht Mut, sich die Wunden anzusehen und durch den Weg der Heilung zu gehen. Dieser ist oft nicht leicht und manchmal auch schmerzlich. Und doch, indem ich mich auf den Weg gemacht habe, fühle ich mit jeder Zelle meines Seins, dass Wunden heilen können, wenn ich mir erlaube, mich liebevoll dorthin zu wenden.

Meine Seele hat im Lauf meines Lebens Risse bekommen und vor einiger Zeit dachte ich noch, dass diese Risse ein Makel wären. Ein Makel, den niemand sehen darf. Doch je länger ich mich auf dem Weg befinde, umso mehr merke ich, welches Wunder sich unter diesen Wunden verbirgt. Durch diese Wunden fällt mit der Zeit immer mehr Licht auf meine Seele.

Wie in dem wundervollen Zitat:

„Eine Wunde ist ein Ort, über den das Licht in dich eindringt.“

Rumi

Ich habe Wunden in meinem Leben davongetragen, die mich gezwungen haben, dunkle Täler zu durchwandern. Doch in mir ist ein Wille nach Leben, nicht nach irgendeinem Leben, sondern nach einem Leben, das ich gerne und mit Lebensfreude lebe. So schaffte ich es auch aus den dunkelsten Tälern, immer wieder einen Weg nach oben zu finden. Einen Weg zum Gipfel und somit auch zum Licht. Dies erfüllt mich mit Demut und Dankbarkeit. Denn, als ich den Gipfel erreicht habe fiel das Licht auf meine Wunden und gleichzeitig spürte ich, dass, das Licht, welches mein Herz berührt hat, auch wieder nach außen strahlt. Ich spürte nach einiger Zeit, dass genau dieses Licht so wichtig ist für die Menschen, die noch in dem dunklen Tal umherwandern. Sie suchen nach dem Licht, an dem sie sich einen Moment orientieren können, um weiterzugehen und irgendwann auch den Gipfel zu erreichen.

Nach der Erfahrung auf meinem Weg, findet das Licht aber erst den Weg zu mir, wenn ich mich den Wunden mit Liebe und Mitgefühl zuwende. Je mehr ich meine Wunden mit Liebe und Mitgefühl versorgt habe, umso mehr strahlt dieses Licht wieder nach außen als Mitgefühl für die Wunden anderer Menschen.

Und so fühle ich immer mehr:

„Eine Wunde ist ein Ort, über den das Licht nach außen strahlt.“

Auf meinem Weg habe ich auch Menschen getroffen, die mich ein Stück begleitet haben.

Ein ganz besonderer Mensch hat mir einmal gesagt: „Wir können unsere Wunden nicht „wegmachen“, wir können sie aber integrieren. Indem wir hinschauen und die Wunden behandeln, mit einer Heilsalbe aus Zuwendung, Gesehen werden oder auch einem liebevollen „Es ist ok“.

Heilung braucht Zeit, Liebe, Akzeptanz und Geduld.

Dann entsteht mit der Zeit das Licht, das nach außen strahlt und so wertvoll für andere Menschen ist, die noch am Anfang ihres Weges stehen.

Ich glaube, das ist die Magie der Wunden.

Indem ich durch die Dunkelheit gegangen bin und auf dem Weg mein Licht wiedergefunden und zum Strahlen gebracht habe, kann ich heute das Licht für jemand anderes sein.

Das bedeutet nicht, dass ich jetzt keine Themen mehr habe oder mir 24 Stunden am Tag die Sonne aus dem Hintern scheint. Das nicht, aber ich bin in mir angekommen. Ich spüre, dass die alten Wunden nicht mehr mein Hier und Heute bestimmen. Ich fühle mich wohl in meiner Haut und spüre, wie immer mehr Ruhe in meine Seele einkehrt.

So ende ich heute mit den Worten, die ich tief in meinem Herzen fühle:

Aus Wunden, können Wunder werden!

Ich wünsch dir, wenn du dich gerade in einem tiefen Tal befindest das es Menschen in deinem Leben gibt, die dir ein Licht sein können. Falls du auf der Suche nach einer professionellen Begleiterin bist, dann wende dich gerne an mich.

Von Herzen alles Liebe

Sonja